Eine Rose die duftet

16:47

Ich sitze also draußen und lasse mir den Wind durch mein Gesicht und die Haare wehen. Es erinnert mich an Urlaub, ans Meer, wo ich mich so sehnlich hin zurück sehne. Am liebsten in ein kleines Cottage mit einem großen Rosengarten, an einer Küste, einer Steilküste. Irland zum Beispiel oder England. Dort würde ich meine Gedanken wie immer schweifen lassen, würde den Wellen lauschen wie sie sich an den Felsen und Klippen brechen und mich dem rauschenden Wind hingeben , der durch die Sträucher weht und leise flüstert. Wo könnte träumen schöner sein. Einfach da sitzen, den Ausblick genießen und jeden Moment in mich aufsaugen wie ein Schwamm. Völlig frei von allem was mich beschwert. Einfach mal die Seele baumeln lassen, einfach frei sein. Ich sitze also da, in meinem blühenden Rosengarten, der mich voller Glück erfüllt, und hänge meinen Träumen nach. Eigentlich so wie immer. Was wäre das ein schönes Leben. Jeden Tag in dem Vintage Cottage aufzuwachen, das Meer zu spüren, die duftenden Rosen lachen zu sehen, die in mir eine wohlige Wärme auslösen und meine Nase umschmeicheln, als gäbe es nichts schöneres. Es ist der Duft von Freiheit und Leichtigkeit. Der Duft eines Traumes, aus dem ich am liebsten nie mehr aufwachen würde. Am liebsten würde ich die Treppen an den Klippen hinunterlaufen, bis runter zum Meer, wo mir der säuselnde Wind die Haare ins Gesicht weht. Ja, hier fühle ich mich sicher, hier fühle ich mich wohl und geborgen, hier fühle ich mich frei, frei von allem. Das Rauschen des Meeres beruhigt mich und lässt mich alles vergessen, was sich in meinem Kopf tummelt. Für einen Moment schließe ich die Augen und gebe mich einfach nur meiner Umgebung hin. Inhaliere den salzigen Duft des Meeres, spüre das Wasser und den Sand zwischen meinen Zehen, den Wind in meinem Gesicht und höre den Wellen zu wie sie an die Felsen schlagen. Am liebsten wäre ich jetzt dort. Am liebsten würde ich diesen Ort nie mehr verlassen. Würde die lästigen Gedanken, die über mir wie ein Aasgeier kreisen, einfach aufs Meer hinauswerfen, ganz weit fort von mir, wo sie mich nicht mehr finden und mich endlich in Ruhe lassen. Mir endlich meine Freiheit wieder schenken, die sie mir vor so langer Zeit erbarmungslos genommen haben. Ich will sie in ein Paket packen und dorthin zurückschicken wo sie hergekommen sind. Aber so leicht ist das leider nicht. Für mich nicht. Für mich ist es nicht leicht. Immer wieder, Tag für Tag, die letzten Monate durchleben zu müssen. Den Schmerz, die Wut und die Trauer jeden Tag aufs neue erfahren zu müssen. Einfach nicht loslassen zu können. Wie eine Feder im Wind möchte ich sie freilassen, der Wind soll sie fortwehen. An einen Platz an dem niemand sie finden kann. Einfach loslassen. Damit wäre es vorbei. Vorbei. Vorbei ist es schon lange. Eine Traurigkeit überkommt mich die zwischen meinen Rosen, meinen Wünschen, nichts verloren hat. Wie eine Wolke am Himmel, die urplötzlich aufzieht und alles verdunkelt. Der Rose kein Licht mehr lässt um zu blühen, um zu wachsen. Sie nimmt ihr das Lebenselixier. Und genauso schnell wie sie aufgezogen ist verzieht sie sich wieder.
Ich bin wie in Trance, nehme nur das wahr was vor mir liegt, aber nicht meine Umgebung. Ich irre umher wie ein Vogel der versehentlich ins Haus geflogen ist, in mein Cottage. Er findet den Weg nicht zurück, zurück nach draußen in die Freiheit. Wie kann ich ihm helfen? Kann Ich ihm überhaupt helfen? Oder kann ihm niemand helfen, sodass er den Weg ganz alleine zurück finden muss? Zurück ins Freie. Das wollen wir doch alle. Einfach alles hinter uns lassen und davon fliegen und nie wieder zurückblicken. Aber wie geht das eigentlich? Die Flügel aufmachen und losfliegen? Irgendwann wird der kleine Vogel seinen Weg zurück finden, auch wenn ich ihm möglicherweise nicht helfen kann. Und trotzdem will ich es versuchen. Ich kann ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Ich muss es versuchen. Immer und immer wieder, bis es letztendlich funktioniert. Bis dieser kleine Freund wieder in die Freiheit fliegt. Dann muss ich ihm lebe wohl sagen. Auch wenn es mir schwer fällt. Vielleicht besucht er mich ja eines Tages wieder in meinem Cottage. Und vielleicht zwitschert er mir den Klang von Freiheit vor. Freiheit die ich an diesem Ort habe. Die Wellen erzählen mir davon, das Meer zeigt sie mir und das leise flüstern des Windes erinnert mich daran. Und die Rosen? Die Rosen lassen mich begreifen, dass man seine Frieden verlieren kann, aber nicht für immer, denn zur richtigen Zeit und mit etwas Pflege blüht er wieder auf. In neuer Blüte und in neuer, noch schönerer Pracht als je zuvor.
Doch bis es soweit ist, lasse ich mich einfach weiter treiben. Treiben in der Realität. Versuche das bestmögliche zu machen. Versuche dem kleinen verirrten Vogel einen Ausweg zu zeigen. Bis dahin bleibe ich hier, hier draußen und lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Sie wärmt mich, aber nur einen Moment lang, bis die Wolken wieder aufziehen und ich ins Haus gehe.
Mein Tagtraum ist beendet und ich widme mich wieder den "wirklich wichtigen" Sachen des Lebens.



Nur der Duft der Rose, die in meinem Garten steht, erinnert mich manchmal an diesen besonderen Ort zurück, an dem ich frei bin. An dem ich immernoch in meinem Rosengarten sitze und die Aussicht genieße.





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3 Kommentare

  1. Ich danke Dir für Deine lieben Worte. Deinen Text finde ich übrigens sehr schön. :)

    Liebste Grüße,
    Lisa von Ash Blonde

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Wundervoller Text!
    Liebe Grüße und einen schönen Sonntag wünsch ich dir ;)

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